#1

Über die Moral im LARP

in Verlautbarungen 01.01.2015 19:41
von Thyrin MabBran • Komtur | 834 Beiträge

Mal was, das mir schon einige Zeit durch den Kopf ging und hier nun mal veröffentlich wird. Sollte ich logische Fehler oder falsche Ansätze drin haben, einfach Bescheid geben.



Für jeden von uns dürfte klar sein, dass LARP nicht unbedingt an die moralischen Grundregeln und Werte unserer Gesellschaft gebunden ist. Trotzdem stoßen wir auch im LARP immer wieder auf Situationen, in denen unsere Charaktere Entscheidungen treffen müssen, die zumindest ansatzweise einer moralischen Grundlage bedürfen. Es wäre also falsch, unser Hobby vollkommen losgelöst von jeder Moral betreiben zu wollen.
Wie aber kann sich dann Moral in unseren Spielen äußern? Im Gegensatz zum reellen Leben haben wir euch hier die Möglichkeit, auch einen Charakter zu bespielen, die nicht unbedingt unseren eigenen moralischen Vorstellungen entspricht. Wie also Moral festlegen? Ich denke, dafür müssen wir uns zuallererst das Moll Verständnis unserer heutigen Gesellschaft anschauen. Zumindest in so weit, dass wir einige Mechanismen unserer gesellschaftlichen Moral verstehen. Zuerst einmal so viel: jeder von uns ist durch gewisse moralische Verhaltensweisen geprägt. Dies erfolgt einerseits natürlich durch unsere Erziehung, andererseits aber auch durch die uns umgeben die Gesellschaft. Welcher dieser beiden Einflüsse nun der stärkere ist, lässt sich so mit Sicherheit nicht sagen. Sicher ist nur, dass vor allem die Einflüsse der Gesellschaft nicht zu unterschätzen sind. So kann es durchaus vorkommen, dass innerhalb einer Familie ist zwar als vollkommen normal angesehen wird, zuhause ohne Kleidung herumzulaufen, dieses Verhalten jedoch innerhalb der Gesellschaft nur bedingt oder nicht toleriert wird. Es wird als anstößig empfunden, und damit als unmoralisch. Andererseits verstehen wir unter Moral auch andere Dinge, wie z.B. Mitleid gegenüber unseren Mitmenschen oder die gesellschaftlich allgemein anerkannte Tatsache, dass man nicht stehlen oder jemanden töten sollte. Wir wollen hier unser Augenmerk vor allem auf die Seite der Moral richten, die sich mit Diebstahl, Mord, Betrug und Ähnlichem befasst.
Jeder von uns weiß, ich es sich zu verhalten hat. Dieses moralische Verhalten haben sozusagen von klein auf gelernt. Wir wissen, dass wir gewisse Dinge einfach nicht tun sollen. Dieses nicht tun dürfen bzw. das was wir tun sollen wird durch unsere Gesellschaften unsere Kultur bestimmt. Was bei uns moralisch verwerflich ist, kann z.B. in Afrika vollkommen normal sein. Ich denke, deutlicher kann man nicht zeigen, dass unsere moralische Denkweise im Normalfall der der Gesellschaft entspricht, in der wir aufgewachsen sind. Hinzu kommt, dass sich im Laufe der Zeit, immer wieder Menschen Gedanken über das Zusammenleben innerhalb eine Gesellschaft gemacht haben. Diese Menschen beschrieben als ihre Thesen auf und bereiteten sie zu ihren Nachwelt. Sonst unsere westliche Gesellschaft von Denkern wie Aristoteles, Kant, Descartes und Anderen beeinflusst worden. Jedes Mal ging es darum, fest zu legen, auf welche Weise eine Gesellschaft am besten zusammenleben kann. Aristoteles versuchte dies durch seine Tugendethik darzulegen. Der Mensch sollte also nach seinem persönlichen Glück streben, dies jedoch im Rahmen bestimmter Tugenden tun. Dies wurde bereits an einer anderen Stelle erbaut und so dass ich hier nicht weiter darauf eingehen werde. Interessanter, da für uns prägender, ist auf jeden Fall Kant. Wieso? Aus einem einfachen Grund. Moral wird bei Kant zur wichtigsten Antriebsfeder menschlichen Handelns. Wir sollen dabei letzten Endes abwägen, ob das was wir tun, auch uns selbst zugefügt werden soll. Wenn wir also nicht wollen, dass uns jemand bestiehlt, so sollten wir das auch mit anderen antun. Würde sich nun also jeder an diese Regelung halten und rein nach der eigenen Vernunft seine Entscheidungen treffen, was wir für andere oder für uns selbst wollen, so könnten wir friedlich zusammen leben.
Ein weiterer Ansatz, der sicherlich unsere Gesellschaft geprägt hat, ist der des Utilitarismus. In diesem Fall wird schlicht und ergreifend abgewogen, was uns denn die meisten Vorteile bringt kann ich es dann zu vertreten, eine Person zu töten, wenn ich damit zehn anderen das Leben rette? Nach diesem Schema ja. Trotz allem kommt auch dieser Ansatz nicht ohne gewisse Wertvorstellungen aus. Auch hier wird betont, dass ein Mensch wichtiger sein sollte, als z.B. Die Produktion von Gütern. Wichtig ist hier, dass das eigene Handeln immer mit Blick auf die Gesellschaft durchgeführt werden soll.
Wir sehen also, dass letzten Endes immer die Gesellschaft das ausschlaggebende Argument in unserem Handeln sein soll. So wird eine Tat immer als gut oder als böse empfunden. Gut und Böse allerdings beziehen sich auf unserer gesellschaftlichen Normen, die durch Religion und Ähnliches bestimmt werden. Die Moral hilft uns also letzten Endes, hier einen Weg zu finden, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.
Was aber hat das mit unserem Hobby zu tun? Letzten Endes steht unser Hobby auch einen Versuch dar, aus unserem alten Alltagstrott auszubrechen. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass wir auch aus dem bisher gültigen moralischen Konstrukt ausbrechen. Wir müssten also für unseren eigenen Charakter unserer moralischen Vorstellungen frisch festlegen. Wie erfolgt das denn nun? Im Grunde haben wir auch hier wieder ähnliche Faktoren wie Im reellen Leben. Keiner der Charaktere ist einfach nur da. Er kommt aus seinem Hintergrund, aus einer Gesellschaft, die zwar fiktiv, im Spiel aber reell ist. Diese Gesellschaft wiederum ist von Göttern, Mächten und Ähnlichem geprägt. Allerdings können sich diese Götter und damit auch die moralischen Vorstellungen von den Unsrigen unterscheiden. Während es also für uns im echten Leben nicht denkbar ist, einen Menschen zu töten, kann das in unserer Spielwelt ein göttergefälliges Werk sein. Gleiches gilt für einen Charakter, der als Dieb oder Meuchler sich bewusst auch in der Spielwelt bewusst über Regeln hinweg setzt. Für die Meisten von uns wäre das im reellen Leben nicht denkbar. Bedeutet das also, dass es im LARP so etwas wie Moral nicht gibt? Nein. Es gibt Moral. Allein schon dadurch, dass wir unsere Charaktere als rechtschaffen, böse, chaotisch, neutral oder sonst wie bezeichnen, setzt voraus, dass wir etwas haben, an dem die uns orientieren. Diese Sichtweise ist aber nicht die unseres Charakters, sondern unsere eigene. Unser Charakter würde sich nie auf diese Weise definieren. Sein Verhalten erscheint ihm natürlich und resultiert aus seinen Handlungen. Zudem würde ein Anhänger einer dunklen Gottheit ihr Verhalten im Spiel durchaus als gut betrachten. Der Spieler selbst aber definiert sich als böse. Wir können also im LARP davon ausgehen, dass wir nicht nur eine, sondern zwei moralischer Instanzen haben. Zuerst unsere reelle Instanz, die wir auch im normalen Leben benutzen. Als zweites die spielinterne Moral. Im Spiel selbst ist nur sie gültig, doch scheint unsere reelle Moral in so weit durch, dass wir über sie das Verhalten unseres Charakters bestimmen. Wir können uns letzten Endes auch im Spiel nicht vollständig aus unseren gesellschaftlichen Normen und Zwängen ausbrechen.
Das war aber erst eine Sichtweise auf die Moral in LARP. Es ging hier nur darum, die Grundlagen zu erarbeiten. Wenden wir uns nun der wirklich interessanten Seite zu. Nämlich, wie denn nun unsere Charaktere im Spiel agieren und wie ihr Verhalten von unserem Mitspielern aufgefasst wird. Zuerst gilt, dass sich unsere Charaktere immer über die Moral von uns selbst hinwegsetzen. Besonders deutlich wird das bei Kriegern oder anderen Charakteren, die innerhalb des Spieles töten. In den meisten Fällen wird das durch die Spiellogik begründet. Der Soldat eines Reiches tötet also, um dieses Reich zu beschützen. Das ist für ihn moralisch nicht verwerflich. Ein Ritter oder ein Paladin wird mit der Begründung er müsse die Schwachen schützen, ebenfalls zur Waffe greifen und seine Gegner kampfunfähig machen oder sogar töten. Also ein deutlicher Bruch mit unseren eigenen Vorstellungen, zumindest was das Töten von Menschen angeht. Begründet wird dieses Verhalten meist dadurch, dass man eine Gesellschaft dient. Egal, ob wir hier von einem Söldnertrupp, einer Abenteurergruppe oder Staatstruppen oder einem Orden reden. Trotzdem kann das sein, dass der Charakter unter seine Taten leidet. Das Verhalten an sich allerdings, also das Töten von Menschen, ist im Spiel allgemein akzeptiert.
Diese Akzeptanz allerdings wird dann auf die Probe gestellt, wenn z.B. Einen Gegner auf besonders brutale Art und Weise getötet oder befragt wird. Aber es können auch bereits kleinere Dinge sein, die im Spiel auf Unverständnis stoßen. Ein Charakter plündert z.B. einen Gefallenen, ein anderer Charakter findet das moralisch nicht richtig und schreitet ein. Hier trifft also eine Moral auf die Andere. Der Reiz an diese Situation ist es, diesen Konflikt auszuspielen. Die Charaktere agieren also nach ihren eigenen Moralvorstellungen. Eine Lösung, beruhend auf einer gemeinsamen gesellschaftlichen Moral ist an dieser Stelle nicht möglich. Die agiert man denn nun in so einem Fall? Im Spiel selbst wird diese Problematik meist dadurch gelöst, dass Spieler oder auch Gruppen mit ähnlichen moralischen Vorstellungen zusammenarbeiten. Zwar kann das auch hier noch Abweichungen geben, doch sind sie deutlich geringer, als in einer wild zusammengewürfelte Gruppe. Trotzdem wird man auf Cons immer wieder die Situation antreffen, dass der Eine nicht mit den moralischen Entscheidungen des Anderen einverstanden ist. Wie im reellen Leben eben. Man versucht sich dann eben aus dem Weg zu gehen, oder eben den Konflikt mit der Waffe auszufechten.
Wir sehen also, dass Moral durchaus ein strittiges Thema ist, besonders wenn man sie auf das Spiel selbst bezieht. Zwar gehören hier eindeutig amoralische Taten nach unserem eigenen Verständnis zum Spiel dazu, aber sie haben auch hier ihre Folgen. Sinnloses Töten wird meist geahndet, ebenso Diebstahl und Betrug, mal härter als im reellen Leben, mal schwächer. Kann man also überhaupt von Moral im Spiel sprechen? Ja, kann man. Besser gesagt von vielen Aspekten der Moral. Fakt ist aber, dass wir unsere Charaktere IMMER nach unseren eigenen Maßstäben ausrichten, egal, ob wir den Charakter nun als Böse oder Gut bezeichnen. Das sind aber immer Begriffe von außerhalb des Spiels. Im Spiel selbst ist der Böse der Gute.
Wie aber sieht es mit Moral OT im Spiel aus? In wie weit empfinden wir als Spieler, nicht als Charaktere gewisse Aktionen als moralisch oder unmoralisch? Ich denke, hier wird es schon schwieriger, da wir hier die Maßstäbe des reellen Lebens anwenden. Ist es unmoralisch IT etwas zu stehlen, für das der Spieler OT Geld bezahlt hat? Ist es moralische korrekt, einen Todesstoß zu setzen und damit zu wissen, dass der Charakter für immer tot ist und damit auch ein großer Teil seiner Ausrüstung nicht mehr nutzbar sein wird? Wie weit kann ich im Spiel gehen, bis mein Verhalten auch außerhalb des Spiels als unmoralisch empfunden wird? Versuchen wir einmal, die Punkte etwas zu strukturieren.
Dieben im Spiel. Ich denke, da kommt es wirklich auf die Menge an. Münzen sind, ähnlich wie Verbände, Verbrauchsmaterial. Wenn also eine kleinere Summe entwendet wird, spricht da nichts dagegen, weder im Spiel noch von außerhalb betrachtet. Wenn aber z.B. die gesamte Truhe geleert wird, wird die Sache schon brenzliger. Natürlich ist derjenige, der die Truhe draußen und unverschlossen stehen lässt, selbst schuld. Aber wenn dann Münzen im Wert von 20 oder mehr Euro fehlen, dann ist das schon heftig und meiner Meinung nach moralisch nicht mehr tragbar.
Todesstöße: im Spiel in gewissen Situationen durchaus richtig und konsequent. Von außen betrachtet, sollte man dieses Vorgehen jedoch abwägen. Wir alle wissen, was wir so alles an Geld in unsere Ausrüstung reinstecken, das ist nicht wenig. Ein endgültiger Tod ist daher immer auch ein finanzieller Aspekt. Dazu kommt, dass man zumindest aus einer bestimmten Sicht, wirklich ein Leben beendet. Zwar nur ein fiktives, aber trotzdem wird das Auswirkungen haben. OT-Frust, zum Beispiel, wenn der Tod vollkommen als unpassend empfunden wird oder man gar keine Möglichkeit hatte, darauf zu reagieren.
Verhaltensweisen, die auf Widerstand stoßen können. Darunter verstehe ich nun so Sachen wie Folter, Verstümmelung, Vergewaltigung. Folter kann ich als Spielelement durchaus akzeptieren. Trotzdem sehe ich eine gewisse Gefahr darin, dass man es übertreiben könnte. Wir wissen nie, wie weit wir wirklich bei einem fremden Spieler gehen können und müssen uns darauf verlassen, dass er den Mund aufmacht, wenn es ihm zu viel wird. Manche können das aber nicht. Aus Angst, den anderen das Spiel zu versauen oder aus Angst, dass man die Gruppendynamik damit unterbricht und als „Weichei“ oder „Feigling“ dasteht. Über Vergewaltigungen brauchen wir erst gar nicht reden. Selbst gespielt halte ich die für moralisch nicht haltbar. Wie sieht es aber nun damit aus, wenn ein fremder oder ein neuer Charakter gequält wird? Ich will hier ein Beispiel bringen, das wirklich so passiert ist und das vor allem zwei Dinge aufzeigen soll: Auswirkungen auf das Gruppenspiel und Auswirkungen auf den Spieler als Person.
Zuerst die Szene: Wir stellen uns vor, ein schwer gerüsteter Kämpfer betritt den Raum, unheimlich zwar, aber er zeigt keine Aggressivität. Der Neue soll nun sein Gesicht zeigen, um das Misstrauen ihm gegenüber zu verringern. Das kann er aber auf Grund des Charakterkonzepts nicht. Einer der anwesenden Charaktere beginnt nun, den Neuen zu quälen, ihm Wunden zuzufügen, obwohl dieser sich nicht wehrt. Begründet wurde das IT damit, dass man eine Reaktion erzielen wollte, dass der eigene Charakter so handeln würde und man eine Gefahr ausschließen wollte.
Betrachten wir die Szene nun aus Sicht der Spielergruppe. Die Charaktere kannten sich alle untereinander, bis eben auf den Neuen. Natürlich hat die Gruppe ein Interesse daran, eine Gefahr auszuschließen, aber sie sollte auch OT im Hinterkopf behalten, dass der neue Charakter in die Gruppe aufgenommen werden sollte. Was ist also passiert? Einer der alten Charaktere quält also den Neuen. Es kommt nur ein Widerspruch dagegen, der wird aber ignoriert, bzw. von den anderen Spielern abgewiesen. Es fügen sich also alle in dieses Schema, dass man den Neuen quälen darf um a) Antworten zu bekommen und b) um ihn dazu zu zwingen, etwas zu tun, was er nicht wollte oder konnte. Moralische Bedenken hatte da keiner, bis eben auf den einen Widerspruch. Genau darin sehe ich das Problem der Gruppendynamik. Sowohl Opfer als auch Täter und Mitläufer unternehmen nichts dagegen, vielleicht aus Angst, das Spiel zu stören oder warum auch immer. Befriedigend was das Spiel für keinen Beteiligten. Der Neue kam nicht wirklich ins Spiel, die Alten stocherten immer wieder an der gleichen Stelle herum, ohne etwas zu erreichen. Moralisch betrachtet wirkt aber viel schwerer, dass auch Charaktere, die ansonsten moralische Bedenken vorgebracht hätten, geschwiegen haben. Für mich eine Szene übertriebener Gewalt, in der keine Spielmechanismen mehr gegriffen haben, sondern Mechanismen aus dem echten Leben.
Aus Sicht der Einzelpersonen war die Sache auch nicht gerade einfach. Es war ein Spieler, der dem Neuen immer wieder Wunden zufügte oder bereits geschlagene Wunden erweiterte. Der hatte sicherlich Spaß, konnte er doch sein Charakterkonzept auf Kosten eines Anderen ausleben. Einer der Beteiligten hatte aber ein ganz anderes Problem. Er war derjenige, der IT Widerspruch gegen dieses Vorgehen gewagt hatte. Da aber auch die Anderen IT nicht einschritten fügte er sich in die Gruppe. Mit der Zeit kam aber außer den IT-Bedenken noch etwas anderes hinzu. Er fühlte sich an OT-Begebenheiten aus seinem eigenen Leben erinnert, an Hänseleien usw. Ihm platzte irgendwann der Kragen und er schritt IT ein, um OT seinem Gewissen und seinen Gefühlen Rechnung zu tragen. Was geschah also? Er stellte sich mit Schild und gezogener Waffe IT zwischen Opfer und Täter, vor allem aber, weil er sich OT moralisch dazu verpflichtet fühlte. Die Antwort kam prompt. Im Spiel stand der Spieler auf einmal isoliert da, da er sich ja gegen seine eigene Gruppe wandte. Im Grunde wurde also einer der Spieler psychisch geknackt, wenn man es so will. Zudem setzte er sich dem OT- und IT-Frust der Gruppe aus, ebenfalls eine moralische Stresssituation, da wir im Normalfall unsere Moral an der unserer Mitmenschen ausrichten, zumindest in Teilen. Er scherte also aus den moralischen Grundsätzen der Gruppe in genau diesem Moment aus. Und genau an dieser Stelle habe ich moralische Bedenken. Wie weit darf man also gehen, mit diesem Spiel mit der Moral und Wertvorstellungen? Wir werden selbst im Spiel nie alles ablegen können und wir haben immer die Gefahr, besonders bei extremen Szenen, dass wir auf etwas stoßen, das uns nichts angeht oder etwas auslöst, was wir nicht wollen. Und hier haben wir eine moralische Verantwortung unseren Mitmenschen gegenüber!
Auch wenn sich die Mechanismen der Moral nicht vollständig erklären lassen, so kann man doch als Schlussstrich festhalten, dass sowohl die gesellschaftliche Moral des reellen Leben eine wichtige Rolle spielt, gleichzeitig aber auch unzählige IT-Moralvorstellungen mit einfließen und dass es durchaus Momente gibt, in denen wir auch im Spiel nach unseren reellen Moralvorstellungen handeln (müssen).
Es ist also Aufgabe der Spieler, hier einen Balance-Akt auszuführen und –auch wenn man mitten im Spiel ist- zumindest ein bisschen auf den reellen Menschen hinter dem Charakter zu achten. Denn wie wir festgestellt haben: wir sind immer bis zu einem gewissen Grad an unsere gesellschaftlichen Normen gebunden. Und eine Gesellschaft sollte immer auf sich und ihre einzelnen Mitglieder aufpassen, auch wir als LARP-Gesellschaft.


daz dû behaltest mêre
die jungisten lêre
die dir dîn vater taete.
wis getriuwe, wis staete
wis milte, wis diemüete
wis vrävele mit güete
wis dîner zuht wol behuot
den herren stare den armen guot.



"Papa Rotbart"

"Oderint dum metuant"
(Lucius Accius)

"Ich habe da ein ganz mieses Gefühl"
~Obi-Wan in der Schlacht von Coruscant~
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#2

RE: Über die Moral im LARP: Antworten

in Verlautbarungen 01.01.2015 19:43
von Thyrin MabBran • Komtur | 834 Beiträge

von Seelenschmied » Di 24. Sep 2013, 13:30

Zuallererst sollten wir als SPIELER den moralischen Standpunkt anlegen dass JEDER Spieler Spass am Spiel haben soll. Und ich denke als neuer Spieler gefoltert zu werden fällt bei weniger als 1% der Menschheit unter die Rubrik "Spass haben".
DANACH kommen die moralischen Richtlinien des Charakters.

von Edorian Plantanego » Di 24. Sep 2013, 17:42



Zitat
Es ist also Aufgabe der Spieler, hier einen Balance-Akt auszuführen und –auch wenn man mitten im Spiel ist- zumindest ein bisschen auf den reellen Menschen hinter dem Charakter zu achten. Denn wie wir festgestellt haben: wir sind immer bis zu einem gewissen Grad an unsere gesellschaftlichen Normen gebunden. Und eine Gesellschaft sollte immer auf sich und ihre einzelnen Mitglieder aufpassen, auch wir als LARP-Gesellschaft.




Was du hier schreibst ist genau der Kern der ganzen Geschichte. So tief man auch in seinem Charakter steckt darf man nicht vergessen das es 'nur' ein Spiel ist. Ich selbst kann vielleicht noch etwas dazu beitragen, da mein Charakter ja durchaus relativ stark von meinen Moralvorstellungen abweicht. OT bin ich ein netter, ehrlicher, freundlicher Mensch. IT spiele ich aber einen Phex geweihten. Sprich einen Priester des Gottes des Handels, der Nacht, des Diebstahl und des Glücks. Dementsprechend gelten für meinen Charakter andere Wertvorstellungen als für mich. Eventuell kann ich aber noch etwas zu dem IT-Dieben sagen, da ich davon ja immer relativ viel mitbekomme *hust*.

Grobe Fahrlässigkeit(ja ich muss es ansprechen): Unverschlossene Truehe voller Münzen nachts ausserhalb des Zelts zu lagern schreit einfach danach das es jemand mitnehmen musste. Speziell wenn es Sachen sind die "Verbrauchsartikel" sind wie Charly sie so schön nennt. Aber gehen wir mal etwas auf die Diebes-Etiquette im Larp ein:

Grundsätzlich gehört es für mich zum guten Ton "mit einem Lächeln zu stehlen". Sprich auch wenn der andere bestohlen wird sollte es nicht aus dem Ufer laufen. Wenn ich also einen Charakter bestehle, dann versuch ich das in erster Linie mit IT und OT Charm die Wogen zu glätten. Beispiel: Dolch geklaut, hingesetzt damit rumgefuchtelt, beklauten Spieler angeschaut "schöner Dolch, liegt gut in der Hand" oder Geldbeutel aufgemacht, Münzen rausgenommen, durchgezählt und dann mit einem "Du bist echt zu arm um beklaut zu werden" wieder zurück gepackt. Das sind meiner Meinung nach die besten Diebstähle, da es zum einen die Fingerfertigkeit zeigt die zum spielen eines Langfingers dazu gehört, zum anderen aber dem anderen Spieler nicht wirklich etwas nimmt. Gleichzeitig erzeugt es bei dem anderen aber das Gefühl "er könnte jeder Zeit, wenn er wollte". Ein anderes schönes Beispiel ist der gläserne Fuchskopf den ich seit dem Drachenfest an meiner Tasche trage. Eine befreundete Diebin verteilt diese in zwei Arten. Zum einen als Geschenk zum anderen als "Visitenkarte" wenn sie etwas IT gestohlen hat. Auch hier wird der Frust des Diebstahls durch einen Gegenwert geschmälert. Ansonsten kann man auch "ehrlich" dieben. Sprich man nimmt etwas aus dem Besitz des Spielers, geht erstmal weg und kommt nach 5-10 Minuten OT zurück und erklärt ihm das man Gegenstand X entwendet hat. An der Stelle hat man auch die Möglichkeit des Kompromisses denGegenstand OT zumindest zurück zu geben. Ein weiterer Vorteil dieses diebens ist das man zumindest OT etwas Anerkennugn für sein Geschick bekommt. Wenn man das Diebesgut nicht zurückgibt und auch keinen Ersatz da lässt um den Frust zu mindern und der Diebstahl auch nicht mit dem Besitzer abgesprochen ist, sollte man OT immer im Hinterkopf behalten das dem anderen kein Schaden dadurch entsteht. Sprich eventuell nimmt man dann eben nur ein paar Münzen statt der ganzen Kiste, oder nimmt eben die Glassteine statt dem Dolch der daneben liegt.

Zusätzlich dazu gibt es dann den "regeltechnischen Diebstahl". Das sind die Möglichkeiten die das Regelwerk dem Dieb auferlegt um an Beute zu kommen. Auf dem Drachenfest ist dies zum Beispiel durch die rot lackierte Auslegware und die Glasedelsteine bei den Händlern geregelt. Auf dem Conquest darf man rote Würfel mit Auftrag der Diebesgilde klauen, in anderen Systemen muss man drei Bänder(eventuell demnächst auch auf dem Drachenfest), Klammern, etc. an den zu diebenden Gegenstand binden und dem Spieler dann die Auswirkung erklären. All diese Regeln sind letzten Endes dafür da die Diebe vor OT-Übergriffen zu schützen, schränken aber auch das Spiel ein. So kann ich eben nicht einfach nehmen was ich will, auf der anderen Seite muss ich aber OT mit keiner Anklage rechnen, wenn ich einen entsprechend gekennzeichneten Gegenstand nehme / mich an das regeltechnische Vorgehen halte.

Was die Moral beim dieben angeht kann ich sagen, das bei meinem ersten Diebstahl mein Herz gerast hat und ich nervös ohne Ende war (auch wenn ich versucht habe das man mir nichts anmerkt), und es wird auf Grund meiner OT-Moralvorstellungen nie zu etwas "leichtem" oder "nebensächlichen" werden, es wird immer etwas bleiben das mich Überwindung kosten wird, und für das ich selbst IT irgendwann eventuell mal die Konsequenzen tragen muss.


daz dû behaltest mêre
die jungisten lêre
die dir dîn vater taete.
wis getriuwe, wis staete
wis milte, wis diemüete
wis vrävele mit güete
wis dîner zuht wol behuot
den herren stare den armen guot.



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